Wohnen früher und heute: Eine Reise in die 1920er

Die meisten spüren es selbst: Der aktuelle Wohnungsmarkt in den Großstädten ist angespannt. Hohe Nachfrage und knappes Angebot lassen die Mietpreise in die Höhe treiben. Auch der demografische Wandel trägt zu dieser Entwicklung bei. Im Jahr 2022 lebten in knapp 41 Prozent der deutschen Haushalte nur eine Person. Zum Vergleich: 1950 lag der Anteil an Single-Haushalten gerade einmal bei 19 Prozent. Besonders auffällig ist, dass rund 34 Prozent der Alleinlebenden älter als 64 Jahre ist. 

Doch wie sah der Wohnungsmarkt vor 100 Jahren aus?

Die 1920er Jahre werden oft als goldenes Zeitalter bezeichnet. Es war eine Zeit des Um- und Aufbruchs. Auch das Wohnen war von den sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen dieser Zeit geprägt. Auch vor 100 Jahren war der Wohnraum in den Städten knapp. Die Bevölkerung in Großstädten wie Berlin wuchs rasant an und die Nachfrage nach Wohnungen stieg stetig. Dies führte zu beengten Wohnverhältnissen und oft lebten mehrere Generationen zusammen in viel zu kleinen Räumen in alten Mietskasernen. 

Das goldene Zeitalter des sozialen Wohnungsbaus

Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte ein massive Wohnungsnot und die Mietpreise explodierten geradezu. Die Politik musste entsprechend reagieren: Die 1920er waren eine Zeit des sozialen Wohnungsbaus. Die Bevölkerung mit genügend Wohnraum zu versorgen, wurde in der Weimarer Republik erstmals zur Aufgabe des Staats erklärt. Beispielsweise führte man 1924 die sogenannte Hauszinssteuer ein. Wurden die Mieten bestehender Häuser erhöht, schöpfte der Staat einen Teil der Mehreinnahmen ab und investierte dieses Geld wiederum in den Bau neuer Wohnungen. 

Dieses Prinzip funktionierte dank der boomenden Wirtschaft so gut, dass man in Berlin jährlich 120 Millionen Reichsmark durch die Hauszinssteuer einnahm. Zwischen 1924 und 1931 entstanden so in der Hauptstadt 140.000 durch öffentliche Gelder geförderte Wohnungen. Trotzdem blieb die Wohnsituation angespannt. Die Stadtbevölkerung wuchs einfach zu schnell an und die Neubauten waren für einfache Arbeiterfamilien zu teuer. So profitierte vor allem der Mittelstand von den modernen Wohnungen. 

Dennoch waren die 1920er auch für den Wohnungsmarkt eine Zeit des Umbruchs. Nie zuvor gab es so große staatliche Förderungen zum Wohnungsbau. Auch die Art des Bauens veränderte sich in dieser Zeit. Neubauten wurden zum ersten Mal mit eigenen Bädern, Balkons, teilweise sogar Zentralheizungen ausgestattet. Zudem sollten die dicht besiedelten Ballungsgebiete durch Grünflächen aufgelockert werden. Dies waren Neuerungen des Bauens, die Auswirkungen bis heute haben. 

Vergleicht man die Wohnsituation der 1920er mit der heutigen, stellt man einige Gemeinsamkeiten fest. Früher wie heute streben immer mehr Menschen in die Großstädte, Wohnraum ist knapp und die Mieten steigen. Allerdings sind die Ansprüche ans Wohnen ganz andere. Während damals viele Menschen auf kleinstem Raum lebten, steigt die Anzahl an Single-Haushalten heute weiter an.

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